Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft e.V.

Dmitri Schostakowitsch, 25. September 1906  ─  9. August 1975

Nachrichten aus dem Jahr 2018

Richard Wherlock inszeniert „Tod in Venedig“

Als Glücksfall bezeichnete die Neue Zürcher Zeitung Richard Wherlocks Ballett „Snow White“ mit Musik von Dmitri Schostakowitsch, das in der Saison 2013/14 im Theater Basel  für Furore sorgte. Dass der britische Tänzer und Choreograf, der die Basler Companie seit 2001 leitet, eine besondere Affinität zur Musik des großen Russen hat, zeigt sich auch an einer neuen Choreografie, die er mit seinem Ensemble für die neue Saison vorbereitet: Für „Tod in Venedig“ nach der Künstlernovelle von Thomas Mann hat Wherlock erneut Musik von Schostakowitsch ausgewählt. Dessen Musik reflektiere farbenreich die Vielfalt der Emotionen, die der Protagonist während seiner Reise nach Venedig erlebt, heißt es in der Ankündigung des Theaters Basel.  Das vielfältige kompositorische Werk Schostakowitschs spiegle außerdem auf ganz besondere Weise das 20. Jahrhundert wider und lasse Zeitgeist und Atmosphäre greifbar und fühlbar werden. Dmitri Schostakowitschs Musik gleiche in ihrer breit gefächerten Erscheinung einer Lebenserzählung, einem Lebensdrama aus einer inneren Welt und sei zugleich tänzerisch figurativ und bildhaft plastisch. Premiere ist 13. April 2018. Man darf gespannt sein.

Um die Wartezeit ein wenig zu verkürzen hier ein Trailer der Basler Snow-White-Inszenierung aus der Spielzeit 2013/14. Quelle: Schweizer Kulturfernsehen arttv.ch:



Babi-Jar-Sinfonie beim Dresdner Gedenktag

Aus Anlass der Bombardierung im Februar 1945 wird in Dresden jedes Jahr am 13. Februar an die Opfer von Nationalsozialismus und Krieg, Hass und Zerstörung. Im Rahmen des „Dresdner Gedenktages“ wird in diesem Jahr auch Dmitri Schostakowitschs Sinfonie Nr. 13 b-Moll für Bass, Männerchor und Orchester op. 113 „Babi Jar“ (1962) nach Gedichten von Jewgeni Jewtuschenko aufgeführt. Ausführende sind die Dresdner Philharmonie unter Leitung ihres Chefdirigenten Michael Sanderling, der Estnische Nationale Männerchor (Leitung: Mikk Üleoja), sowie der Bassist Mikhail Petrenko.

Die Dreizehnte Sinfonie von Schostakowitsch ist eine große Anklage gegen Ungerechtigkeit und Gewalt. Das titelgebende Gedicht von Jewgeni Jewtuschenko wendet sich gegen antisemitische Tendenzen in der Sowjetunion, konkret gegen die Blockade aller Pläne, am Ort des deutschen Massakers von Babi Jar ein Denkmal zu errichten. In der Schlucht nahe Kiew waren am 29. und 30. September 1941 während der Nazi-Besetzung mehr als 33000 Tausend Menschen ermordet worden, die meisten davon ukrainische Juden. Die Massenerschießungen gelten als größtes einzelnes Massaker an jüdischen Männern, Frauen und Kindern im Zweiten Weltkrieg, das unter der Verantwortung der deutschen Wehrmacht begangen wurde. Die weiteren Sätze der Sinfonie behandeln kritisch verschiedene Aspekte des sowjetischen Lebens. Die Uraufführung wurde mit Ovationen aufgenommen, danach zwang die sowjetische Kulturbürokratie Schostakowitsch aber, Textänderungen vorzunehmen. Erst 1970 konnte die Originalfassung des düsteren Meisterwerks veröffentlicht werden.

Es finden zwei Konzerte statt, das erste am Sonntag, 11. Februar um 18 Uhr, das zweite am Dienstag 13. Februar um 19.30 Uhr, beide im Großen Saal des Kulturpalastes Dresden. Beim ersten Konzert am 11. Februar erklingen neben Schostakowitsch, auch Werke von Arvo Pärt, James MacMillan und Max Reger. Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie hier 


Trauer um Friedbert Streller

Friedbert Streller. Foto: Egbert Baars

Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft e.V. trauert um sein langjähriges Mitglied Friedbert Streller. Der Musikwissenschaftler, Komponist und langjähriger Musikkritiker der Sächsischen Zeitung ist am 24. Dezember 2017 wenige Tage nach seinem 86. Geburtstag nach längerer Krankheit in Dresden gestorben.

Der am 21. Dezember 1931 in Hohburg (Sachsen) Geborene studierte 1950 bis 1956 an der Universität Leipzig Musikerziehung, Musikwissenschaft und Komposition bei Fred Lohse. Danach arbeitete er als Dozent für Musiktheorie und Musikgeschichte zunächst an der Musikfachgrundschule Magdeburg und dem Pädagogischen Institut Halle, ehe er von 1963 bis 1993 an der Dresdner Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ wirkte. Schon früh trat Friedbert Streller auch als Komponist in Erscheinung – die erste Uraufführung eines Streller-Werkes fand bereits 1959 statt. In seinem umfangreichen Oeuvre finden sich auch sechs Symphonien – die erste, im Jahr 2004 entstanden – widmete er Dmitri Schostakowitsch. Im Frühjahr 2016 wurde Strellers letztes Werk, das Doppelkonzert für Violine, Viola und Streicher durch das Dresdner Kammerorchester uraufgeführt.

Dem Leben und Werk Dmitri Schostakowitsch war Friedrich Streller zeitlebens eng verbunden. 2005 wurde er Mitglied der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft. Seither wirkte er an sämtlichen Musikwissenschaftlichen Symposien unserer Gesellschaft mit. An unserem 18. Symposium am 15. und  16. September 2017 konnte Streller krankheitsbedingt nicht mehr teilnehmen, sein von ihm hierfür vorgesehenes  Referat wurde jedoch vorgetragen. Auch bei den Schostakowitsch Tagen in Gohrisch zählte Streller zu den Stammgästen.

Friedbert Streller war als ebenso engagierter wie kenntnisreicher Schostakowitsch-Experte geachtet. In seinen Beiträgen für unsere Symposien vermittelte er eine Vielzahl neuer Perspektiven und Erkenntnisse über das Werk Schostakowitschs und dessen Rezeption im Wechsel der Zeiten.

Wir werden Friedbert Streller ein ehrendes Andenken bewahren.  


Happy Birthday, Oktoberrevolution

Schostakowitsch um 1949

Konnte ein sowjetischer Komponist das Jubiläum der glorreichen sowjetischen Oktoberrevolution ausgerechnet mit dem läppischen Allerweltsliedchen des kapitalistischen Klassenfeindes feiern? Na klar – zumindest, wenn er das musikalische Format, die satirische Spottlust und den persönlichen Mut eines Dmitri Schostakowitsch hatte. Der Schweizer Musikwissenschaftler Jakob Knaus hat sich auf die Suche nach dem Subtext in der Musik des großen Russen gemacht und dabei – auch für Schostakowitsch-Kenner – so manche Überraschung ans Licht gefördert. Das sorgsam in den avantgardistischen Klangteppich seiner zweiten Symphonie („An den Oktober“) eingewobene „Happy Birthday“-Zitat ist nur ein Beispiel von vielen dafür, wie es Schostakowitsch im Bemühen, seine persönliche Integrität und Selbstachtung zu wahren, immer wieder gelang, der kulturbolschewistischen Repression eine Nase zu drehen. 

Lesen Sie den Bericht von Jakob Knaus in der Neuen Zürcher Zeitung 


Schostakowitsch und die polnische Moderne

Die Vorbereitungen für die IX. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch, die vom 22. bis 24. Juni 2018 im Kurort Gohrisch stattfinden werden, sind in vollem Gange. Das Programm des Festivals wird diesmal unter dem Motto „Schostakowitsch und die polnische Moderne“ stehen. Namhafte polnische Komponisten wie Krzysztof Penderecki und Krzysztof Meyer haben ihr Kommen angekündigt. Das Programm hält mehrere Erst- und Uraufführungen bereit, darunter auch wieder neu entdecktes von Dmitri Schostakowitsch. Am Vorabend des Festivals (am 21. Juni 2018) findet in der Dresdner Semperoper erneut ein Schostakowitsch-Sonderkonzert der Staatskapelle Dresden statt, diesmal unter der Leitung von Yuri Temirkanov. Auf dem Programm stehen die Festliche Ouvertüre op. 96, das Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester op. 35 (Solisten: Denis Matsuev und Helmut Fuchs), sowie die Symphonie Nr. 5 in d-Moll, op 47. Der Vorverkauf hat begonnen. Sobald das genaue Programm bekanntgegeben wird (vorraussichtlich im März), werden wir ausführlich darüber berichten. 


Matthias Bundschuh spielt den Dirigenten Karl Eliasberg. Durch Anklicken des Bildes startet der Film in der Arte-Mediathek. Foto: NDR/Gebrüder Beetz Filmproduktion Lüneburg GmbH/Andrej Vasilenko


Wie Kultur über Barbarei triumphiert

August 1942: Inmitten des unfassbaren Leids der Blockade von Leningrad durch die deutsche Wehrmacht soll der Dirigent des Radio-Symphonieorchesters Karl Eliasberg einen nahezu unmöglichen Auftrag erfüllen: die Aufführung von Dmitri Schostakowitschs 7. Symphonie. Die Aufführung wird zum Symbol eines kurzen Triumphs der Kultur über die Barbarei des Krieges. Das Dokudrama «Leningrad Symphonie - Eine Stadt kämpft um ihr Leben» auf Arte erzählt davon. Der deutsch-französische Kultursender zeigte die aufwändige Produktion am Dienstag, 27. Februar. Auf ARD ist der Film am 28. März um 23 Uhr zu sehen. Interviews mit Zeitzeugen, darunter auch mit Schostakowitschs Sohn Maxim, seltene Archivaufnahmen aus dem besetzten Leningrad und eigens produzierte Spielszenen schildern die dramatischen Geschehnisse. Im Zentrum des Films steht Eliasberg. Während Schostakowitsch mit seiner Familie knapp zwei Monate nach Beginn der Einkesselung ausgeflogen wird, damit er die Komposition der Leningrader Symphonie in Sicherheit beenden kann, harrt der Dirigent in der eingeschlossenen Großstadt aus. 

Mehr Informationen auf Spiegel-Online 


Trauer um Gerd Rienäcker

Gerd Rienäcker

Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft trauert um Gerd Rienäcker, der Anfang Februar in Berlin gestorben ist. Der 1939 in Göttingen Geborene studierte von 1959 bis 1964 Musikwissenschaft (Nebenfach: Kunstwissenschaft) bei Ernst Hermann Meyer, Georg Knepler, Walther Vetter, Peter H. Feist und Carl Heinz Claasen an der Humboldt-Universität Berlin, zugleich Komposition bei Hans Georg Görner. Von 1964 bis 1966 arbeitete Gerd Rienäcker als Musikdramaturg (für Oper, Operette, Konzert) am Landestheater Eisenach. 1966 wurde er wissenschaftlicher Aspirant, 1967 bis 1985 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Musikwissenschaft der Humboldt-Universität. Dort wurde er 1973 mit einer Arbeit über dramaturgische Prinzipien in Opern von Paul Dessau, Siegfried Matthus, Udo Zimmermann und Robert Hanell promoviert. 1984 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Dramaturgie des Finales in Opern von E.T.A. Hoffmann, L. Spohr, C. M. v. Weber und H. Marschner. 1985 wurde er zum Dozenten, 1988 zum außerordentlichen Professor, 1990 zum ordentlichen Professor für Theorie und Geschichte des Musiktheaters an die Humboldt-Universität berufen. Ab 1996 lehrte er an mehreren deutschen Hochschulen.

Seine Forschungsinteressen galten einerseits der Theorie des Musiktheaters als Institution und Gattung, der Geschichte der Oper und Operette, Wagners Opern und Dramen und Bertolt Brechts Bedeutung für das Musiktheater; andererseits der europäischen Kompositionsgeschichte der Neuzeit und methodologischen Problemen der Musikgeschichtsschreibung und Musikanalyse. Auch mit dem Werk Dmitri Schostakowitschs beschäftigte sich Rienäcker zeitlebens intensiv. Rienäcker war Gründungsmitglied der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft e.V., deren Musikwissenschaftliche Symposien er immer wieder mit ebenso kenntnisreichen wie anregenden Referaten bereicherte. Wir werden Gerd Rienäcker ein ehrendes Andenken bewahren. 



Moskau, Tscherjomuschki im Revier

 1958 versetzte Schostakowitsch alle mit einem neuen Werk in Erstaunen – er hatte eine Operette komponiert!, schreibt Krzysztof Meyer in seiner exemplarischen Schostakowitsch-Biographie. Am 24. Januar 1959 wurde die Operetten-Revue Moskau, Tscherjomuschki am Moskauer Operettentheater uraufgeführt und errang sogleich große Beliebtheit. Das abendfüllende Werk (Libretto von Wladimir Mass und Michail Tscherwinski) entstand während der kurzen „Tauwetterperiode“ unter Chruschtschow. Tscherjomuschki war eine damals neu entstandene Wohnungssiedlung im Südwesten von Moskau, eine Art Vorzeigeprojekt des modernen, sozialistischen Wohnungsbaus. Schostakowitsch nimmt in seiner überaus eingängigen und satirisch angehauchten Musik Propaganda, Baumängel, Funktionärsgehabe und Neid aufs Korn und spart nicht mit Seitenhieben auf die allgegenwärtige Korruption und Vetternwirtschaft. Das Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen, zeigt den schwungvollen Dreiakter in diesem Frühjahr in einer Inszenierung von Dominique Horwitz unter der musikalischen Leitung von Stefan Malzew und Bernhard Stengel. 

Premiere ist am 31. März 2018, weitere Aufführungstermine am 8., 13., 21., und 28. April, sowie am 11., 21. und 31. Mai 2018. Weitere Informationen und Karten:  

„Eine höllische Revue“. Zur Premierenkritik von Peter Jungblut auf BR-Klassik 


Schostakowitsch-Sonderpreis verliehen

Die jüngste Teilnehmerin: Camille Attinost (7)

Bereits zum achten Mal hat die Schostakowitsch-Musikschule in Berlin-Lichtenberg ihren dem Namenspatron der Musikschule gewidmeten Musikwettbewerb veranstaltet. Insgesamt 55 Schülerinnen und Schüler stellten Ihr musikalisches Können den Fachjurys unter Beweis und wetteiferten um die begehrten ersten Plätze. Ziel des Wettbewerbes ist, die Schülerinnen und Schüler zu besonderen musikalischen Leistungen zu motivieren, sowie die Begegnung und den Austausch von musikbegeisterten Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Pädagogen und Besuchern zu fördern. In diesem Jahr wurde der Wettbewerb in den Kategorien Streichinstrumente, Akkordeon und Schlagzeug ausgetragen. Die Ergebnisbekanntgabe und Urkundenverleihung an alle Beteiligten erfolgte im feierlichen Rahmen des Preisträgerkonzertes am 14. März im Kulturhaus Karlshorst. Als Ehrengäste waren Katrin Framke, Bezirksstadträtin für Familie, Jugend, Gesundheit und Bürgerdienste und Prof. Dr. Ronald Freytag, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft e.V. geladen. Zehnmal konnte die Urkunde mit dem Prädikat „ausgezeichnet“ überreicht werden.

Für die beste Interpretation eines Werkes Dmitri Schostakowitschs wurden von der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft e.V. drei Sonderpreise ausgelobt und an diesem Abend durch Ronald Freytag den strahlenden Siegern übergeben. Die diesjährigen Preisträger sind: Amelie König (16), Violine, Silas Hinz (8), Violine und Elieser Kauschke (18), Akkordeon.  

Prof. Dr. Ronald Freytag, Vorstandsmitglied der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft mit den Schostakowitsch-Preisträgern Amelie König (16), Silas Hinz (8) und Elieser Kauschke (18), sowie dem Leiter der Musikschule Olaf Hengst (von links). Fotos: Hariette Scherat


Schostakowitsch und die polnische Moderne

Die 9. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch vom 21. bis 24. Juni 2018 richten den Blick auf unser östliches Nachbarland: „Schostakowitsch und die polnische Moderne“ lautet das Motto des diesjährigen Festivals, das neben Schostakowitsch auch die Komponisten Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki und Krzysztof Meyer programmatisch in den Fokus stellt. In der Gohrischer Konzertscheune erklingen zentrale Kammermusik-, Chor- und Orchesterwerke aller vier Komponisten. Außerdem stehen drei Uraufführungen und drei Deutsche Erstaufführungen auf dem Programm.

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Krzystof Meyer, der dem Festival seit Anbeginn eng verbunden ist, hat ein neues Streichquartett (Nr. 15) im Auftrag der Schostakowitsch Tage komponiert, das in einem Kammerabend vom Lutosławski Quartet uraufgeführt wird. Von Krzysztof Penderecki gelangt eine neue Fassung seiner „Ciaccona in memoriam Johannes Paul II.“ für Streichsextett zur Uraufführung. Beide Komponisten werden persönlich in Gohrisch erwartet und nehmen auch an einem Komponistengespräch teil.

Mit einem kurzen Impromptu für Viola und Klavier wird außerdem der jüngste Sensationsfund im Schaffen Schostakowitschs in Gohrisch erstmals öffentlich erklingen. Das zweiseitige Manuskript aus dem Jahr 1931 wurde erst vor wenigen Monaten in einem Moskauer Archiv entdeckt. „Für die Vermittlung durch die Internationale Schostakowitsch Gesellschaft in Paris sind wir außerordentlich dankbar“, freut sich Tobias Niederschlag, der Künstlerische Leiter der Schostakowitsch Tage. Als Interpreten konnten für die Uraufführung der Bratscher Nils Mönkemeyer und der Pianist Rostislav Krimer gewonnen werden.

Das Piano-Duo GrauSchumacher wird darüber hinaus drei Bearbeitungen von Schostakowitsch erstmals in Deutschland zu Gehör bringen: Schostakowitsch arrangierte die „Psalmensinfonie“ von Igor Strawinsky, das Scherzo aus der Symphonie Nr. 10 von Gustav Mahler und die dritte Symphonie von Arthur Honegger („Liturgique“) für Klavier zu vier Händen bzw. für zwei Klaviere, um die Werke in dieser Form seinen Moskauer Kompositionsstudenten nahezubringen.

Musik für zwei Klaviere steht auch auf dem Programm des Eröffnungskonzertes am 22. Juni, wenn Denis Matsuev – derzeit Capell-Virtuos der Sächsischen Staatskapelle Dresden – und der junge Alexander Malofeev Schostakowitschs Concertino op. 94 und Lutosławskis „Paganini Variations“ aufführen werden. Im letzten Teil dieses Konzertes wird Matsuev das stilistische Spektrum des Festivals erstmals durch Jazz-Improvisationen über Themen von Schostakowitsch weiten.

Mit einem Chorkonzert gibt das Vocalconsort Leipzig unter der Leitung von Franziska Kuba in Gohrisch seine Visitenkarte ab. Außerdem sind wieder zahlreiche Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden in das Festivalprogramm eingebunden – das Orchester läutet das Festival erneut mit einem Sonderkonzert in der Semperoper ein (21. Juni) und gestaltet mit der neu gegründeten Initiative „kapelle21“ unter der Leitung von Petr Popelka auch das Abschlusskonzert in der Konzertscheune.


Wahrhaft humanistische Botschaften in und vor der Dresdner Semperoper. Foto: Karlheinz Schiedel


9. Schostakowitsch Tage Gohrisch: Ästhetische Antithese

Mit einem festlichen Sonderkonzert in der Semperoper haben am Donnerstagabend die 9. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch begonnen. Der bedeutende russische Dirigent Yuri Temirkanov, der in diesem Jahr mit dem Schostakowitsch Preis ausgezeichnet wird, leitete die Sächsische Staatskapelle Dresden. Auf dem Programm standen Dmitri Schostakowitschs „Festliche Ouvertüre op. 96“, das Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester op. 35 (absolut atemberaubend: Denis Matsuev am Klavier und Helmut Fuchs an der Trompete), sowie die Sinfonie Nr. 5 op. 47. Schostakowitschs Gratwanderung zwischen (scheinbarer) Anpassung und (künstlerischer) Selbstbehauptung gestaltete die Staatskapelle mit existenzieller Wucht – die anrührende Klage des langsamen Satzes wirkte wie die ästhetische Antithese zur herrisch-primitiven Brutalität des vorangegangenen Scherzos. Die Interpretation Temirkanovs machte geradezu greifbar, wie beklemmend aktuell die Musik des großen Russen ist. Gerade in einer Zeit,  die wieder aus den Fugen zu geraten scheint. Lebhafter und dankbarer Beifall. Die Botschaft der aus gutem Grund auf dem Platz vor der Semperoper im Wind flatternden Banner: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" wird manchem, der soeben Schostakowitschs mutige Anklage gegen eine menschenverachtende Gewaltherrschaft vernommen hat, umso eindringlicher und wichtiger erscheinen.

Über die Konzerte in Gohrisch, die heuer unter dem Motto „Schostakowitsch und die polnische Moderne“ stehen und neben der Uraufführung des 15. Streichquartetts von Krzysztof Meyer und einer neuen Fassung von Krzysztof Pendereckis „Ciaccona in memoriam Johannes Paul II.“ auch die Erstaufführung eines erst kürzlich entdeckten Werkes von Dmitri Schostakowitsch aus dem Jahr 1931 im Programm haben, werden wir noch ausführlich berichten. 


Bearbeitung der Psalmensinfonie – jetzt auch mit Chor

Über Jahrzehnte hinweg war Dmitri Schostakowitschs bereits in den 1930er-Jahren vorgenommene Bearbeitung von Igor Strawinskys „Psalmensinfonie“ für Klavier zu vier Händen bestenfalls einigen Experten bekannt. Nachdem Mookie und Jeremy Menuhin die Transkription 2015 erstmals auf CD einspielten und das Klavierduo GrauSchuhmacher sie kürzlich bei den 9. Internationalen Schostakowitsch Tagen Gohrisch erstmals öffentlich aufführte, steht nun eine weitere Premiere an. Gemeinsam mit dem BachChor Tübingen (Leitung: Ingo Bredenbach) wird das Klavierduo Shoko Hayashizaki - Michael Hagemann die Schostakowitsch-Bearbeitung –  diesmal mit Chorbegleitung – aufführen. Das Konzert findet am Samstag, 21. Juli 2018 um 20 Uhr in der Evangelischen Stiftskirche St. Georg in Tübingen im Rahmen der Reihe „Tübinger Motette“ und unter dem Motto „Symphonische Psalmen“ statt. Neben der Schostakowitsch-Bearbeitung der Psalmensinfonie stehen Werke von Heinrich Schütz (Doppelchörige Psalmen aus den „Psalmen Davids“ (1619); Psalm 84 „Wie lieblich sind Deine Wohnungen“; Psalm 98 „Singet dem Herrn ein neues Lied“), Felix Mendelssohn („Denn er hat seinen Engeln befohlen“) und Paul Hindemith („Engelkonzert“ aus der Symphonie „Mathis der Maler“ auf dem Programm. Der Eintritt ist frei, eine freiwillige Kollekte am Ausgang wird erbeten. Mehr unter 


Die Komische Oper hat den richtigen Riecher 

„Die Nase“ treibt jetzt nicht mehr in St. Petersburg, sondern in der Bundeshauptstadt ihr Unwesen. Dmitri Schostakowitschs großartiger Opernerstling über den ausgebüxten Riechkolben des Kollegienassessors Kowaljow hatte am Samstag. 16. Juni um 19 Uhr an der Komischen Oper Berlin Premiere. Die Inszenierung des australischen Regisseurs und Intendanten der Komischen Oper Barrie Kosky hatte zuvor bereits in London und Sydney für Furore gesorgt. Nun wurde die umjubelte Aufführung von Schostakowitschs frühem Opern-Wurf zu einem späten Höhepunkt in der laufenden Saison der Komischen Oper und zugleich zu einem hoffnungsreichen Einstand für den künftigen GMD Ainārs Rubiķis. 

Weitere Aufführungen sind am 24., 28. und 30. Juni, sowie am 6. und 14. Juli. 

Zur Webseite der Komischen Oper Berlin 

Eine kleine Auswahl der Premierenkritiken:

„Barrie Koskys Sause geht weiter“, Clemens Haustein in der Berliner Zeitung 

„Der richtige Riecher“, Peter P. Pachl, auf nmz-online 

„Mannes Kraft“, Frederik Hanssen im Tagesspiegel   




Fokus Dmitri Schostakowitsch

 „Das Publikum hat längst entschieden, Dmitrij Schostakowitsch (1906 – 1975) kommt an. Bei denen, die die Musikgeschichte schreiben und die darin involvierten Figuren nach ihrer Größe sortieren, hat es etwas länger gedauert, bis feststand, dass dieser Komponist eine Schlüsselfigur des 20. Jahrhunderts ist“, schreibt das SWR Symphonieorchester in seiner neuen Programmbroschüre für die Spielzeit 2018/19. Dass die Bedeutung des großen russischen Komponisten vielerorts eine Neubewertung erfährt, spiegelt sich auch in der Programmgestaltung des aus der Fusion der beiden Radiosymphonieorchester Freiburg/Baden-Baden und Stuttgart entstandenen neuen Klangkörpers wider, das das Werk Schostakowitschs in den Fokus stellt. So kommen in der neuen Saison u.a. die Sinfonien Nr. 11 (Dirigent: Eliahu Inbal), Nr. 10 (Michael Sanderling), Nr. 5 (Pablo Heras-Casado), Nr. 6 (Hartmut Haenchen), das Violinkonzert Nr. 1 (Christoph Eschenbach; Solist Sergey Khachatryan) und die Sinfonie Nr. 7 (Leningrader) zu Aufführung, hier steht der neuen Chefdirigenten des SWR Symphonieorchesters Teodor Currentzis am Pult. Der neue Stern am Dirigentenhimmel wird das Werk nicht nur in Mannheim, Stuttgart und Freiburg aufführen, sondern auch in der Hamburger Elbphilharmonie. Die Termine der Schostakowitsch-Konzerte finden Sie oben (zum Vergrößern bitte Bild anklicken), für den Download der Programmbroschüre klicken Sie hier:   


Trauer um Gennadi Roschdestwenski

Gennadi Roschdestwenski. Foto: © Matthias Creutziger Gennadi Roschdestwenski. Foto: © Matthias Creutziger

Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft trauert um ihr Ehrenmitglied Gennadi Roschdestwenski. Der große russische Dirigent ist am 16. Juli 2018 im Alter von 87 Jahren in seiner Heimatstadt Moskau gestorben. Roschdestwenski , Sohn des Dirigenten Nikolai Anossow und der Sängerin Natalja Roschdestwenskaja, genoss eine klassische Musikausbildung am Moskauer Konservatorium. Zu seinen Lehrern gehörte der bedeutende Pianist Lew Oborin. Seine Dirigentenlaufbahn begann er am Moskauer Bolschoi-Theater, von 1960 bis 1974 leitete er das Rundfunk-Sinfonieorchester der UdSSR und avancierte rasch zu einem der bedeutendsten Interpreten russischer und zeitgenössischer Musik. Dem Werk Dmitri Schostakowitschs war er dabei in besonderem Maße verbunden. Seine Gesamteinspielung der Sinfonien Schostakowitschs hat ebenso Referenzcharakter, wie seine Aufnahmen der Schostakowitsch-Ballette. Im Jahr 1974 studierte er Schostakowitschs erste Oper „Die Nase“ ein, die seit 1930 in der Sowjetunion nicht mehr gespielt werden durfte. Ab 1975 leitete  Roschdestwenski Orchester in Stockholm, London und Wien. Er war mit der Pianistin Wiktoria Postnikowa verheiratet. 

Roschdestwenski erhielt für sein künstlerisches Wirken zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen. Noch vor einem Jahr dirigierte er in der Semperoper die Sächsische Staatskapelle Dresden bei einem Sonderkonzert zum Vorabend der Schostakowitsch-Tage Gohrisch. Auf dem Programm standen die erste und 15. Sinfonie Dmitri Schostakowitschs. 

Einen sehr persönlichen Nachruf von Michael Ernst finden Sie auf nmz-online 


Anspruchsvoll und auf höchsten musikalischen Niveau

Mit einem bewegenden Konzert des neugeründeten Ensembles „kapelle 21“ aus jungen Musikerinnen und Musikern der Sächsischen Staatskapelle Dresden sind die 9. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch zu Ende gegangen. Unter dem Motto „Schostakowitsch und die polnische Moderne“ erlebten die zahlreichen Besucher aus Nah und Fern ein ebenso interessantes wie anspruchsvolles Programm auf allerhöchsten musikalischen Niveau, dessen Höhepunkte die Uraufführungen eines wiederentdeckten Werkes Dmitri Schostakowitschs, sowie des 15. Streichquartettes des polnischen Komponisten, Schostakowitsch-Experten und Präsidenten der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft Krzysztof Meyer waren. Lesen Sie hier unseren ausführlichen Festivalbericht:    


Bei den 9. Schostakowitsch Tagen Gohrisch brillierten Tibor Gyenge, Denis Matsuev und Norbert Anger (von links) mit Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 2 e-Moll op. 67. Foto ©: Matthias Creutziger



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