Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft e.V.

Dmitri Schostakowitsch, 25. September 1906  ─  9. August 1975

Willkommen auf unserer Webseite!

Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft beschäftigt sich mit der Pflege und Verbreitung des künstlerischen Werkes von Dmitri Schostakowitsch.

Hier finden Sie Informationen über den Komponisten und seine Musik, sowie über die Gesellschaft und ihre Aktivitäten, und Sie können auch Ihre Fragen stellen und Meinungen äußern. Bei uns finden Sie Musikspezialisten und viele Freunde, die die Zuneigung zu Schostakowitsch und seiner Musikwelt zusammengeführt hat. 

  • Wenn Sie auch Schostakowitsch und seine Musik lieben, werden Sie Mitglied! Wir freuen uns auf Sie! Sprechen Sie uns an: Info@Schostakowitsch.de. Weitere Informationen zur Mitgliedschaft finden Sie hier


News  

22. Musikwissenschaftliches Symposium am 19. und 20. Mai 2025 in Leipzig

Schostakowitschs komponierende Kollegen

Komponistenkollegen: Wladimir Fere, Wano Muradeli und Dmitri Schostakowitsch bei der "Woche der sowjetischen Musik" in Kirgisien im Sommer 1964. Foto: DSCH-Journal

Eine Revision zum 50. Todestag
von Bernd Feuchtner

„Warum kannten wir das nicht!“ fragten verblüffte Musikkritiker, Musikwissenschaftler und Intendanten, als Mieczysław Weinbergs Oper Die Passagierin von 1968 im Jahr 2010 mit größtem Erfolg uraufgeführt wurde. Ja, warum kannten sie Weinbergs Musik nicht? Weil sie Weinberg als Schostakowitsch-Schüler oder gar als Schostakowitsch-Kopie abgetan hatten, ohne sich überhaupt auf seine Musik einzulassen.

Wie Weinberg geistern viele Komponistennamen durch die Schostakowitsch-Literatur. Meist bleiben sie Fußnoten. Oder werden diffamiert als „Mitläufer“, „Karrieristen“, „Folkloristen“, „Konservative“, „Gebrochene“, bei denen das Hinsehen sich nicht lohne. Das dient auch der Legendenbildung: Angeblich statuierte die Sowjetmacht 1936 das erste Exempel gegen einen Komponisten an Schostakowitschs Lady Macbeth und seiner Vierten Sinfonie – dabei war dessen Freund Gawriil Popow der erste, dessen Erste Sinfonie 1935 von diesem Schlag getroffen wurde. „Warum haben wir das nicht gekannt,“ werden Musikkritiker, Musikwissenschaftler und Intendanten fragen – wenn die Programmverantwortlichen denn Popows Sinfonie einmal aufs Podium ließen.

Das Bild der komponierenden Zeitgenossen Schostakowitschs scheint festzustehen. Im Jahr von dessen 50. Todestag lohnt sich aber ein neuer Blick auf seine Zeitgenossen und unsere Urteile über sie. Gibt es da etwas zu revidieren? Oder gar zu entdecken? Gab es – wie im Westen – vielleicht auch im Sowjetbereich ganz unterschiedliche Stile, die sich auch durch die Politik nicht ausradieren ließen? Welche sind das? Wir wissen es nicht, denn die Forschung kreist nur um Schostakowitsch.

Endlich, muss man sagen, denn vor dem Erscheinen von Wolkows „Memoiren“ 1979 interessierten sich Musikkritiker, Musikwissenschaftler und Intendanten kaum für ihn. Nur seine populärsten Sinfonien Nr. 1, 5, 7, 9 und 10 tauchten im Konzert auf. Beim Publikum waren sie sehr beliebt, und das wurde zu jener Zeit nicht als positives Zeichen gewertet. Zu Schostakowitschs 50. Todestag 2025 wird es nun Festivals, Konzerte, Opernaufführungen und wissenschaftliche Aktivitäten geben. Zu  Popows 50. Todestag rührte sich 2022 – nichts. Er war Schostakowitschs lebenslanger Freund. Schostakowitsch kannte sie alle, seine komponierenden Kollegen. Und sie kannten alle ihn, verehrten ihn, rieben sich an ihm, verdammten ihn. Kalt ließ er keinen, aber auch er hatte über jeden seine Meinung.

Die Liste seiner Kollegen, die wie er im Bereich der Sowjetmacht lebten und arbeiteten ist lang. Wir kennen die Namen, aber kennen wir auch die Musik? Können wir Bunin von Lokschin, Kantscheli von Karamanow oder gar Cikker von Wladigerow unterscheiden? Geschweige denn die Qualität ihrer Musik einschätzen? Sind wir uns der ganzen Bandbreite kompositorischer Handschriften bewusst? Fünfzig Jahre nach Schostakowitschs Tod ist es Zeit für eine Revision unseres Bildes dieser Klanglandschaften.

Das 22. Musikwissenschaftliche Symposium der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft e.V., das im Rahmen des großen Schostakowitsch-Festivals des Gewandhaus Orchesters stattfindet, wird sich am 19. und 20. Mai 2025 im Probensaal der Hochschule für Musik und Theater, Grassistraße 8 in Leipzig intensiv mit diesem Themenkreis beschäftigen. Unseren ausführlichen Programmflyer können Sie durch Anklicken des nebenstehenden Vorschaubildes downloaden. Mehr:


Musikalisches Großereignis zum 50. Todestag von Dmitri Schostakowitsch

Schostakowitsch Festival Leipzig 2025

Vom 15. Mai bis zum 1. Juni 2025 lädt das Gewandhaus zu einer der umfangreichsten Werkschauen von Dmitri Schostakowitsch anlässlich seines 50. Todestages nach Leipzig ein. Unter der Leitung von Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons und Anna Rakitina interpretieren das Gewandhaus Orchester, das Boston Symphony Orchestra und das eigens für das Festival gegründete Festivalorchester – bestehend aus Mitgliedern der Mendelssohn-Orchesterakademie und des Tanglewood Music Center Orchestra – alle Sinfonien und Solo-Konzerte Dmitri Schostakowitschs. Eine handverlesene Riege von Weltklassekünstlerinnen und -künstlern, darunter Daniil Trifonov, Nikolaj Szeps-Znaider und Baiba Skride, gestaltet die umfangreiche Kammermusikreihe. Das Quatuor Danel wird sämtliche Streichquartette des großen Russen spielen. Zwei Aufführungen der Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ an der Oper Leipzig unter Leitung von Andris Nelsons runden das umfangreiche Festivalprogramm ab.

Zudem wird die Deutsche Schostakowitsch-Gesellschaft im Rahmen dieses musikalischen Großereignisses, am 19. und 20. Mai 2025  ihr 22. Musikwissenschaftliches Symposium abhalten.

Tickets im Vorverkauf unter:


Da war die Schostakowitsch-Welt noch (halbwegs) in Ordnung. Das ehemalige Gästehaus des DDR-Ministerrats in Gohrisch im Januar 2005. Schostakowitsch komponierte hier sein achtes Streichquartett. Alle Fotos: Bernd Feuchtner


Das Schostakowitschhaus in Gohrisch verfällt

Die Situation heute. Der Verfall ist unübersehbar.

„Und niemand protestiert!“

Im Kurort Gohrisch in der Sächsischen Schweiz verfällt das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Gästehaus des Ministerrates der DDR zusehends. Dort wo einst wichtige innen- und außenpolitische Konferenzen stattfanden, Oberhäupter befreundeter Staaten wie der nordkoreanische Diktator Kim Il Sung longierten und namhafte Künstler und Wissenschaftler aus dem sozialistischen In- und Ausland Erholung fanden, nagt nicht nur der Zahn der Zeit, sondern auch die offenkundige Interessenlosigkeit der politisch Verantwortlichen. Dmitri Schostakowitsch, der sich zweimal (1960 und 1972) in Gohrisch aufhielt, komponierte hier bei seinem ersten Besuch eines seiner bedeutendsten und persönlichsten Werke, sein achtes Streichquartett c-Moll op. 110. Vom einstigen Glanz der geschichtsträchtigen Stätte, damals attraktives Vorzeigeobjekt sozialistischer Innen- und Außenarchitektur, ist wenig geblieben. Bernd Feuchter, Präsident der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft, dessen 2005 veröffentlichte Reportage „Nutzlose Musik – Als Dmitri Schostakowitsch es sich in der Sächsischen Schweiz gut gehen ließ“ eine Art Initialzündung für die seit 2010 alljährlich stattfindenden Schostakowitsch Tage Gohrisch beigemessen wird, zeigt sich erschrocken über den baulichen Zustand des Ensembles und schlägt nun in einem offenen Brief Alarm:

„Liebe Freundinnen und Freunde der Musik von Schostakowitsch,
Die Schostakowitwsch-Tage waren wieder wunderbar und brachten auch neue Einsichten. Als ich eine Führung für die Gruppe Dortmunder Studenten durch das Gelände des Hotels Albrechtshof machte, bin ich schwer erschrocken. Im Januar 2005, als ich zum ersten Mal dort war, um jene Reportage zu schreiben, war noch alles intakt, innen wie außen. Es standen noch der Baum und die Bank, auf der Schostakowitsch sein 8. Streichquartett schrieb. Das Zimmer war intakt, die Fassade ebenso. Jetzt aber waren Baum und Bank verschwunden. Der Baumstumpf liegt noch dekorativ herum, der Teich ist zugewachsen und mit Nippes zugestellt, zwei hässliche Plastikbänke sollen die hübsche alte Bank ersetzen. Am schlimmsten aber wurde dem Schostakowitsch-Haus mitgespielt. Fenster wurden zugemauert, das Dach wird nicht repariert, es dringt Wasser ein. Ganz offensichtlich will der Pächter das Haus abrissreif machen. Während Leipzig 2025 Schostakowitsch mit einem Riesenfest feiert, verschläft Dresden den Zusammenbruch des einzigen Schostakowitschortes außerhalb der ehemaligen Sowjetunion! Und niemand protestiert!“

Trauriger Anblick: Zugemauerte Fenster, das Dach marode. Wasser dringt in das unter Denkmalschutz stehende Gebäude.


Jeremy Eichler bringt Meisterwerke aus bösen Zeiten zum Reden

Schostakowitschs Musik als Mahnmal

Von Bernd Feuchtner 

Dieses Buch überrascht. Nicht unbedingt der Titel. „Der Klang der Zeit“ war ein großartiges Buch über Rassismus im US-amerikanischen Musikleben, „Der Lärm der Zeit“ war 2001 eine raffinierte Schostakowitsch-Performance von Simon McBurney beim Londoner „Theatre de Complicite“. Deren Titel kaperte später der Schriftsteller Julian Barnes für sein Schostakowitsch-Buch. Nun also „Das Echo der Zeit“. Wer die Entstehungsgeschichten von Schönbergs „Überlebendem aus Warschau“, den „Metamorphosen“ von Richard Strauss, Brittens War Requiem und Schostakowitschs Babi-Jar-Sinfonie kennt, wird sich etwas mühsam durch deren manchmal recht trockene Nacherzählung kämpfen. Aber wer kennt das schon?

Eichler holt weit aus und stellt Bezüge her, die diese Kunstwerke aufleuchten lassen. Er beginnt mit der Goethe-Eiche („Hier fühlt man sich groß und frei ..., und wie man eigentlich immer sein sollte,“ soll Goethe, an diesen Baum gelehnt, gesagt haben). Und die taucht plötzlich im KZ Buchenwald bei der Fälschung von Schillers Schreibtisch durch Häftlinge (noch heute in der Gedenkstätte zu sehen) wieder auf. Was ist aus Goethes humanistischem Lebensgefühl geworden, was aus dem Pathos von Beethovens Neunter und Mahlers Achter?

Große Kunstwerke bringen uns ferne Zustände ganz nah, bewahren deren Kern, wenn alle Erinnerung längst verflogen ist. Und zwar dann, wenn wir sie mit den menschlichen Empfindungen konfrontieren, die in sie eingegangen sind. Das Schicksal Arnold Rosés, des gefeierten Konzertmeisters der Wiener Philharmoniker, der ebenso zur Emigration gezwungen wurde wie sein Schwager Arnold Schönberg, während seine Tochter Alma Rosé das Mädchenorchester in Auschwitz leiten musste – diese jüdischen Schicksale leiten in die Erzählung der geglaubten Emanzipation von Musikern wie Felix Mendelssohn Bartholdy und diese wiederum in die Erzählung des Schicksals von dessen Denkmal, das von stolzen Leipziger Bürgern errichtet, von Leipziger Nazis zerstört und von Leipzigern wiedererrichtet wurde. Und aus alledem entsteht die Erzählung von Schönbergs Auseinandersetzung mit seinem Judentum, seiner Moses-Oper und seines „Survivor of Warsaw“.

Auch Richard Strauss und seine zwielichtige Rolle im Nazireich, seine opportunistische Haltung gegenüber seinem jüdischen Librettisten Zweig, seine snobistische Trauer über „seine“ zerstörten Opernhäuser wird geschärft im Blick auf sein bequemes Dasein, auf die Niedertracht – und später Verstocktheit – der Garmischer Bevölkerung, was wiederum mit deren Umgang mit dem Grabmal des großen Dirigenten und Münchner GMD Hermann Levi zusammenpasst. Es sind solche Bezüge, die die Lektüre dieses Buches zu einem großen Gewinn machen. Eichler zeigt Momente, die Schnappschüsse der Erinnerungskultur geworden sind.

Das letzte Kapitel gruppiert sich um Schostakowitschs 13. und 14. Sinfonie und beginnt mit dem Überfall der Hitler-Truppen auf die Ukraine, die sofort mit der Vernichtung jüdischen Lebens begannen. Deren Höhepunkt war bekanntlich Babyn Jar. Zwei jüdische Schriftsteller wurden zu Chronisten des Krieges: Ilja Ehrenburg und Wassili Grossman. Das Schicksal der beiden ist zugleich das Schicksal der unterdrückten Wahrheit. Und hier kommt Schostakowitsch ins Bild, samt den Verdikten gegen ihn von 1936 und 1948. „In diesem Sinne hat man seine fünfzehn Sinfonien als ‚das geheime Tagebuch einer Nation‘ bezeichnet,“ zitiert er Taruskin. Über Anna Achmatowa springt er zur Uraufführung der Leningrader Sinfonie (aber nur von ihrer politischen Wirkung her) und zum Jüdischen im 2. Klaviertrio sowie Stalins Antisemitismus.

Beeindruckend dann die Schilderung von Eichlers Besuch in der Schlucht von Babyn Jar und von der Dreizehnten Sinfonie, beides wiederum eingebettet in die politischen Umstände des Gedenkens an den Massenmord wie der Uraufführung der Sinfonie. Aber auch im abschließenden 10. Kapitel „Denkmäler“ kommt er wieder auf Schostakowitsch zu sprechen, nämlich auf die Vierzehnte Sinfonie, die Eichler als geheimes Requiem versteht: „Durch die Verwendung und Wiederbelebung von Stimmen von Dichtern, die selbst auf unterschiedliche Weise Opfer des modernen Kriegs waren, illustriert die Vierzehnte gekonnt, wie Kunstwerke sich an andere Kunstwerke erinnern können, indem sie eine Art innewohnender Chronik bilden.“

Jeremy Eichler: Das Echo der Zeit. Die Musik und das Leben im Zeitalter der Weltkriege. Aus dem Amerikanischen von Dieter Fuchs. Klett-Cotta 2024, 463 S., € 32


Eliot Quartett spielt sämtliche Streichquartette Schostakowitschs

Konzertzyklus „DSCH & beyond“ in Frankfurt

Das Eliot Quartett. Foto ©: Kaupo Kikkas Das Eliot Quartett. Foto ©: Kaupo Kikkas

Das Frankfurter Eliot Quartett verwirklicht zum 50. Todestag von Dmitri Schostakowitsch einen außergewöhnlichen Konzertzyklus, in dem es dessen sämtliche Streichquartette präsentiert, und macht sich damit selbst ein Geschenk zum zehnjährigen Jubiläum. Möglich gemacht wird das Projekt „DSCH & beyond“ von der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen und der Ernst Max von Grunelius-Stiftung als Hauptförderer.

Zeit seines Lebens balancierte Dmitri Schostakowitsch auf dem gefährlichen Grat zwischen musikalischer Ausdrucksfreiheit und Treue zum Stalinistischen Regime. Während andere russische Komponisten wie Igor Strawinsky, Sergei Rachmaninow oder Sergei Prokofjew vor der Unterdrückung ins ausländische Exil flohen, blieb Schostakowitsch in der Sowjetunion und komponierte nach außen hin „staatstreue“ Werke – immer wieder gespickt mit Spitzen, die seinen Widerstand gegen das Regime für Eingeweihte demonstrierten. Innerlich war er geplagt von Zerrissenheit und Schmerz, was er vor allem auch in seinen Streichquartetten zum Ausdruck brachte.

Genau diesem Teil seines umfangreichen Schaffens widmet sich das Eliot Quartett und plant im Vorlauf zum 50. Todestag von Dmitri Schostakowitsch am 9. August 2025 den außergewöhnlichen Konzertzyklus „DSCH & beyond“. „Unsere Zeit wirft besonders deutlich die Frage nach der ,Freiheit/Unfreiheit’ der Kultur im politischen Kontext auf. Anlässlich des 50. Todestags von Dmitri Schostakowitsch rücken wir sein gesamtes Streichquartett-Oeuvre, das er während der sowjetischen Diktatur komponierte, in den Mittelpunkt unseres neuen Zyklus“, erklärt das Eliot Quartett.

Zwischen Februar 2024 und Juli 2025 präsentiert das in Frankfurt beheimatete Eliot Quartett in zwölf sehr persönlichen und konzeptuell durchdachten Konzerten Schostakowitschs 15 Streichquartette und stellt sie ausgewählten Stücken anderer Komponisten von Johann Sebastian Bach, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart über Franz Schubert bis hin zu Sofia Gubaidulina und Arvo Pärt gegenüber. Damit geht das Eliot Quartett bewusst über die Person Schostakowitschs hinaus, entfernt sich teilweise sogar von ihr, nur um sich ihr dann intensiver anzunähern. „Die Musik von Schostakowitsch, die als Chronik des 20. Jahrhunderts verstanden werden kann, wird dabei von Komponisten verschiedener Epochen umrahmt, kommentiert und beleuchtet. Für uns wird dieses einzigartige musikalische Projekt einen bedeutenden inhaltlichen Meilenstein in unserer künstlerischen Entwicklung darstellen.“ Eröffnet wird der Zyklus am 8. Februar 2024 mit Schostakowitschs erstem Streichquartett. In der zweiten Konzerthälfte ergänzt der Pianist Vadym Kholodenko die Besetzung in Schostakowitschs Klavierquintett, einem der größten Erfolge des Komponisten schon zu Lebzeiten. Am Tag nach dem Eröffnungskonzert (9. Februar) liest der polnische Komponist und Ehrenpräsident der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft  Krzysztof Meyer aus der Biografie, die er über seinen Freund und Kollegen Dmitri Schostakowitsch verfasst hat. Das Eliot Quartett begleitet den Abend musikalisch.

Weitere Information zum Frankfurter Konzertzyklus finden Sie hier und auf der Webseite des Eliot Quartetts.


Schostakowitschs Musiksprache: Band 13 der Schostakowitsch-Studien ist erschienen

Vertiefende Einblicke

Von Bernd Feuchtner

Schostakowitschs Paradoxie ist unvermindert spannend – für das Publikum ebenso wie für die Wissenschaft. Der dreizehnte Band der Schostakowitsch-Studien bringt 34 Beiträge aus den Symposien 2019 und 2021 der Deutschen Schostakowitsch-Gesellschaft. Pioniere aus deren ersten Tagen kommen ebenso zu Wort wie der wissenschaftliche Nachwuchs und Vertreter von Nachbardisziplinen wie Film- oder Politikwissenschaft. Sie sind vielen verdeckten Hinweisen in der Musik selbst auf die Spur gekommen. Detailuntersuchungen zur Vierten, Sechsten, Neunten, Zwölften und Fünfzehnten Sinfonie, zur Cellosonate, zu den beiden Cellokonzerten, zur Bratschensonate und zum Zyklus der Präludien und Fugen bringen überraschende Einsichten. Sowohl das politische als auch das kulturelle Umfeld von Schostakowitschs Komponieren werden erhellt und es wird untersucht, wie weit es erlaubt ist, Schostakowitschs Werken Inhalte und Erzählungen zu unterschieben.

Häufig wurde der russische Komponist Gegenstand von Filmen und Romanen, oft wird seine Musik im Ballett verwendet – all das schafft neue Legenden. Heutige Musikfreunde hören Schostakowitschs Musik anders als seine Zeitgenossen, denen die klingende Welt von damals so selbstverständlich war wie dem Komponisten – „Fremde Stimmen – eigene Sprache“ nannte der Komponist Boris Yoffe seinen Vortrag. Andererseits stehen uns heute neue Noten- und Manuskriptausgaben zur Verfügung, die tiefere Einblicke in die Werkstatt erlauben. All das ist auch Gegenstand der aktuellen Schostakowitsch-Forschung. Einige englischsprachige Forscher haben sich in Vierzigjährigen Schostakowitsch-Kriegen verirrt und sich um Worte statt um die Musik gestritten. Das zeigt, wie wichtig eine eigenständige deutschsprachige Forschung bleibt.
Beim Symposium „Schostakowitschs Musiksprache – Kompositionstechniken und Narration“ wurden spannende Entdeckungen vorgelegt, so auf dem Feld der Groteske (Amrei Flechsig), in den Passacaglia-Sätzen (Wendelin Bitzan), im Spätwerk (Krzysztof Meyer), im Zusammenhang mit den Werken zu Dolmatowski-Texten (Dorothea Redepenning), bei der Filmmusik (Robert Rabenalt). Gottfried Eberle entdeckte verblüffende Brücken vom Jugend- zum Spätwerk.
Auch dank großzügiger Spenden konnte der Druck des aufregenden 500-Seiten-Buches finanziert werden. Es kann beim Wolke-Verlag bestellt werden:


Briefe an Iwan Sollertinski

Dmitri Schostakowitsch ohne Maske

Nirgends zeigt sich der große sowjetrussische Komponist Dmitri Schostakowitsch so unverstellt wie in den Briefen an seinen besten Freund Iwan Sollertinski, den klügsten Musikwissenschaftler Russlands. Kennengelernt hatten sie sich in Sankt Petersburg (damals Leningrad), als Schostakowitsch 20 war und Sollertinski 24. Beide klebten sofort aneinander wie die Kletten. Und wenn sie getrennt waren, schrieben sie sich Briefe oder Postkarten. Nur die von Schostakowitsch sind erhalten. Sie geben das Bild zweier brillanter junger Künstler, die sich mit Begeisterung in die aktuellen Auseinandersetzungen stürzen und dabei nicht vergessen, das Leben zu genießen. Auch so intim erleben wir Schostakowitsch sonst nirgends. Ab 1935, mit dem Stalin’schen Terror, verändert sich die Tonlage allmählich. Die beiden sind sich nicht mehr so sicher, dass Können und Argumente sich durchsetzen. Der Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion und die Einkreisung Leningrads durch die Nazitruppen trennt die Freunde: Schostakowitsch wird nach Samara (damals Kuibyschew) evakuiert, Sollertinski nach Nowosibirsk. Ein gutes Ende scheint auf, als Schostakowitsch 1943 nach Moskau zieht und dem Freund eine Professur am Moskauer Konservatorium vermittelt. Doch der durch Kriegsentbehrungen und Mobbing in der Leningrader Philharmonie geschwächte Sollertinski erliegt 1944 mit 41 Jahren einem Herzschlag. Für Schostakowitsch war das eine Katastrophe. Seine Briefe bilden ein Monument für eine große Freundschaft und geben intime Einblicke in die kulturpolitische Entwicklung der Sowjetunion.

Jetzt endlich sind die von Dmitri Sollertinski und Ljudmila Kownazkaja herausgegebenen Sollertinski-Briefe Schostakowitschs in deutscher Übersetzung von Ursula Keller und mit einem Vorwort von Bernd Feuchter, dem Präsidenten der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft, versehenen Ausgabe im Wolke Verlag erschienen. Das Buch (251 Seiten, Paperback., € 36.–, ISBN: 978-3-95593-097-4) ist überall im Buchhandel erhältlich.    

Zeugnisse aus eisiger Zeit – Eine Rezension von Jakob Knaus erschien in der Schweizer Musikzeitung 1_2/2022:   

Hinter Fassade und Fälschung – Eine Rezension von Christoph Schlüren in der nmz 3/2023:


Schostakowitsch als Vokalkomponist 

Während seine Opern, Sinfonien und Streichquartette zum festen Repertoire der Musikinstitutionen gehören, werden Schostakowitschs Lieder leider noch immer wenig aufgeführt. Findet man sie im Internet oder hat man Aufnahmen auf Tonträgern, fehlt oft der Text, um die Musik wirklich verstehen und genießen zu können.

Dabei hat Schostakowitsch noch mehr Vokalmusik komponiert! Sehr viel mehr, als man vermuten würde. Und dazu sind die Texte noch viel schwerer aufzutreiben.

Um ein größeres Interesse an diesen Werken zu wecken, haben wir diese Sammlung der von Schostakowitsch vertonten Texte zusammengestellt, die wir Ihnen hier zum kostenlosen Download zu Verfügung stellen. Klicken Sie einfach auf die nebenstehende Vorschau. (Diese Datei wurde zuletzt am 18. Oktober 2021 aktualisiert).

Unser Schostakowitsch-Textbuch ist noch im Aufbau, wird aber fortlaufend ergänzt. Vielleicht können ja auch Sie dazu beitragen? Schreiben Sie uns, wenn Sie uns noch fehlende Texte zur Verfügung stellen möchten: info@schostakowitsch.de


Kostenloser Download unserer Schostakowitsch-Studien

Band 1


Band 2


Band 3


Band 4


Band 5


Band 6


Band 8


Band 9


Band 10


Band 11


Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft stellt ab sofort die nicht mehr im Buchhandel erhältlichen Bände ihrer Schostakowitsch-Studien zum kostenlosen Download bereit. Die Bände enthalten im Wesentlichen Vorträge, die seit 1992 im Rahmen unserer Musikwissenschaftlichen Symposien von renommierten Musikwissenschaftlern und Musikwissenschaftlerinnen gehalten wurden und stellen einen überaus wertvollen Beitrag zur internationalen Schostakowitsch-Forschung dar. Sie sind zwischen 1998 und 2014 im nicht mehr existierenden Verlag Ernst Kuhn, Berlin erschienen. Durch Anklicken des Titelbildes startet der Download des jeweiligen Bandes. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Übersichtsseite. 


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