Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft e.V.

Dmitri Schostakowitsch, 25. September 1906  ─  9. August 1975

Nachrichten aus dem Jahr 2019

ausscheidende Vorstandsmitglieder Haben sich um Schostakowitsch verdient gemacht: Krzysztof Meyer, Annette Salmon, Gisela Hackstein und Gottfried Eberle (von links). Foto: Schiedel


Neuer Präsident: Bernd Feuchtner folgt auf Krzysztof Meyer

Zum neuen Präsidenten der Deutschen Schostakowitsch-Gesellschaft e.V. wurde in Berlin der Publizist Bernd Feuchtner gewählt. Er löst den Komponisten Krzysztof Meyer ab, der die Gesellschaft seit 2009 leitete und nicht mehr kandidierte. Dem neuen Vorstand gehören außerdem an Elisabeth von Leliwa (Vizepräsidentin, Finanzen), Ronald Freytag (Vizepräsident, Symposien), Reimar Westendorf (Schriftführer) und Karlheinz Schiedel (Beisitzer). Feuchtner dankte den ausscheidenden Vorstandmitgliedern - Krzysztof Meyer, Annette Salmon, Gottfried Eberle und Gisela Hackstein – für ihre langjährige, überaus engagierte Arbeit. Ronald Freytag schloss sich ihm an und überreichte als kleine Aufmerksamkeit Rotwein und ein Buchpräsent. In einer kurzen Antrittsrede bekundete Bernd Feuchtner, dass er sich auf seine neue Aufgabe sehr freue. Längst habe sich Schostakowitsch im Konzertleben einen festen Platz erobert. Anders sehe es aber beispielsweise in der musikwissenschaftlichen Forschung aus. Hier gebe es durchaus noch einiges zu tun. Er könnte sich vorstellen, die alle zwei Jahre stattfindenden musikwissenschaftlichen Symposien im Zusammenspiel mit Konzertreihen (z.B. mit den noch viel zu wenig beachteten Liederzyklen Schostakowitschs) zu konzipieren.

Der scheidende Präsident Krzysztof Meyer bedankte sich bei seinen Vorstandskollegen für die hervorragende und stets vertrauensvolle Zusammenarbeit und hob dabei insbesondere die Leistungen der langjährigen Geschäftsführerin Annette Salmon hervor, die ihm in allem eine unersetzliche Hilfe gewesen sein.  

Eine Übersicht des neuen Vorstands der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft e.V.  mit Kurzportraits seiner Mitglieder finden Sie hier:  



Die großen Drei: Igor Strawinsky, Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch Fotos: wikipedia.org


Gohrisch 2019: Die großen Drei zum Jubiläum

Die Schostakowitsch Tage Gohrisch, das nach wie vor einzige regelmäßig stattfindende Schostakowitsch-Festival weltweit, feiert 2019 ein bemerkenswertes Jubiläum. Zum bereits zehnten Mal laden Tobias Niederschlag und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter die Freunde der Musik von Dmitri Schostakowitsch in den beschaulichen Kurort in der Sächsischen Schweiz ein, dort wo der große Russe 1960 eines seiner bedeutendsten kammermusikalischen Werke, das autobiografisch grundierte achte Streichquartett komponiert hat. Programmatisch werden im Jubiläumsjahr die drei bedeutendsten russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt stehen: Dmitri Schostakowitsch, Sergej Prokofjew und Igor Strawinsky. „Es wird spannend sein, Werke dieser drei Giganten in direkter Gegenüberstellung zu hören. Dabei wird es auch Neues zu entdecken geben – wer kennt schon die Kammermusik von Prokofjew oder Strawinsky?“, schreibt Festivalleiter Niederschlag in einem Rundbrief. Und auch Ungehörtes von Schostakowitsch wird – wie schon in den Vorjahren – wieder in der Konzertscheune in Gohrisch zu hören sein. Aus Anlass des Jubiläums wird das Festival um einen Tag verlängert. Es findet vom 20. bis 23 Juni 2019 statt und auch diesmal lädt die Sächsische Staatskapelle am Vorabend zu einem Sonderkonzert nach Dresden ein. Das detaillierte Programm wird voraussichtlich Anfang März veröffentlicht. Weitere Informationen, auch über den Vorverkauf, finden Sie auf der Webseite der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch.   


Ein „Kind der spätsowjetischen Ära“ 

Andris Nelsons. Foto: © Marco Borggreve

Bei der diesjährigen zehnten Ausgabe der Internationalen Schostakowitsch Tage in Gohrisch (Sächsische Schweiz) wird der Dirigent Andris Nelsons mit dem 10. Internationalen Schostakowitsch Preis Gohrisch ausgezeichnet. Er nimmt den undotierten Preis am 23. Juni 2019 in der Gohrischer Konzertscheune persönlich entgegen.

Der gebürtige Lette ist einer der gefragtesten Maestri der Gegenwart. Als Gewandhauskapellmeister in Leipzig und Music Director des Boston Symphony Orchestra hat er derzeit zwei der renommiertesten Positionen im internationalen Musikleben inne. Geboren 1978 in Riga, bezeichnet sich Andris Nelsons selbst als ein „Kind der spätsowjetischen Ära“, in der er mit der Musik von Schostakowitsch förmlich aufwuchs. Später erhielt er wichtige Impulse aus erster Hand von seinem Mentor Mariss Jansons. Erst vor wenigen Tagen wurde Andris Nelsons für seine Einspielung von Schostakowitschs Symphonien Nr. 4 und 11 mit dem Boston Symphony Orchestra mit zwei Grammy Awards ausgezeichnet. Es ist nach 2017 und 2018 die dritte Grammy-Auszeichnung in Folge für die zyklische Gesamteinspielung der Schostakowitsch-Symphonien bei der Deutschen Grammophon, die damit schon jetzt als ein diskographischer Meilenstein gilt. Ende Februar erschien eine weitere Doppel-CD mit den Symphonien Nr. 6 und 7, sowie der Schauspielspielmusik zu „King Lear“ und die „Festliche Ouvertüre“. 

Andris Nelsons, der zurzeit in Boston weilt, zeigte sich hocherfreut über die Ehrung mit dem Gohrischer Preis: „Schostakowitschs Musik ist tief in meinem Herzen verwurzelt. Ihre Emotionalität ist von zeitloser Gültigkeit, und ich wünsche mir, dass sie das Publikum genauso erreicht wie mich. Ich finde es großartig, was zu Ehren Schostakowitschs in Gohrisch entstanden ist und freue mich sehr, den Preis an diesem besonderen Ort entgegennehmen zu dürfen.“ 

„Andris Nelsons ist ein Künstler, der die menschlichen Aspekte der Musik Schostakowitschs in die heutige Zeit überträgt“, begründet der Künstlerische Leiter der Schostakowitsch Tage, Tobias Niederschlag, die Entscheidung. „Die schonungslose Intensität seines Musizierens ist ansteckend und berührend zugleich. Andris Nelsons lässt uns immer wieder miterleben, wie aktuell die Musik Schostakowitschs heute noch ist.“


„Dankeschön, Gohrisch!“ Festivalprogramm 2019 vorgestellt

Seit nunmehr zehn Jahren begeistern die Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch jährlich ein Publikum, das aus dem In- und Ausland zu den Veranstaltungen in die Gohrischer Konzertscheune strömt. Viele hochkarätige Künstler haben die ersten neun Festivaljahre geprägt, allen voran die Musikerinnen und Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden, die auch den Jubiläumsjahrgang künstlerisch mitausrichten. Am Vorabend läutet die Staatskapelle das Festival erneut mit einem Sonderkonzert ein, das diesmal im Dresdner Kulturpalast stattfindet.

Dmitri Schostakowitsch – Sergej Prokofjew – Igor Strawinsky: Im Fokus des Jubiläumsprogramms stehen drei russische Komponisten, die sich auf Augenhöhe begegnen und doch ein ambivalentes Verhältnis zueinander hatten. Schostakowitsch und Prokofjew verband Bewunderung und Rivalität und schließlich das gemeinsame Schicksal der öffentlichen Denunzierung. Der ältere Igor Strawinsky, der seine Heimat früh verlassen hatte, galt den sowjetischen Machthabern ohnehin als Inbegriff „westlicher Dekadenz“. Schostakowitsch und Prokofjew aber schätzten ihn sehr – auch wenn sie offiziell zu anderen Verlautbarungen gezwungen waren.

In diesem Spannungsfeld bewegen sich die acht Konzerte des Festivals, dessen Zeitraum in diesem Jahr von drei auf vier Tage erweitert wird. Eröffnet wird der Konzertreigen in Gohrisch mit dem Quatuor Danel, das u.a. das 1960 in Gohrisch entstandene achte Streichquartett von Schostakowitsch zur Aufführung bringen wird. Mit dem Borodin Quartet ist zudem ein Schostakowitsch-Quartett der ersten Stunde erneut in Gohrisch anwesend – die vier Musiker dieser legendären Formation wurden bereits 2015 mit dem Gohrischer Schostakowitsch-Preis ausgezeichnet. Kapelle 21 mit dem Dirigenten und Staatskapell-Kontrabassisten Petr Popelka gestaltet bereits zum zweiten Mal einen Aufführungsabend: Mit der Schauspielerin Isabel Karajan bringt diese der Aufführung von Musik des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmete Initiative der Staatskapelle Prokofjews „Peter und der Wolf“ zur Aufführung; gemeinsam mit den Mitgliedern des Raschèr Saxophone Quartets, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, außerdem die Suite für Varieté-Orchester von Schostakowitsch – mit dem berühmten „Walzer Nr. 2“, der erstmals im Gohrischer Festivalprogramm erklingt. Der Cellist Isang Enders, der die Anfänge des Festivals als ehemaliger Konzertmeister Violoncello der Staatskapelle mitgestaltete, kehrt zu einem Duo-Rezital mit dem Pianisten Yekwon Sunwoo in die Konzertscheune zurück.

Neben dem genannten Komponisten-Schwerpunkt würdigt das Programm auch die Jubilare Mieczysław Weinberg und Galina Ustwolskaja: Der enge Freund Schostakowitschs und seine rätselhafte Schülerin hätten 2019 beide ihren 100. Geburtstag gefeiert. Von Weinberg gelangen „Zwei Lieder ohne Worte“ für Violine und Klavier – gespielt von Linus Roth und José Gallardo – zur Uraufführung. Und es steht auch Neues von Schostakowitsch auf dem Programm: Zwei nachgelassene Film-Romanzen für Sopran und Klavier werden erstmals in Deutschland zu hören sein (mit Ilona Domnich und José Gallardo). Außerdem bringt der Pianist Daniel Ciobanu, der 2017 als Gewinner der Silbermedaille und des Publikumspreises aus dem 15. Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv hervorging, in einem Klavierrezital das kurze Klavierstück „Im Wald“ aus dem Jahr 1919 zur Uraufführung. Damit wird dem Festival bereits zum dritten Mal in Folge die Ehre einer Schostakowitsch-Uraufführung zuteil.

Der Dirigent Andris Nelsons, der weltweit für seine Schostakowitsch-Interpretationen gefeiert wird und für seine Einspielung der Symphonien Nr. 4 und 11 unlängst mit zwei Grammy Awards ausgezeichnet wurde, erhält den diesjährigen Internationalen Schostakowitsch Preis Gohrisch. Im Rahmen der Preisverleihung, bei der er die Auszeichnung persönlich entgegennimmt, musizieren die Pianistin Lauma Skride und das Dresdner Streichquartett – ein Ensemble aus Mitgliedern der Staatskapelle Dresden, das die ersten Jahre des Festivals wesentlich mitgestaltet hat. Das Abschlusskonzert gestalten die Dresdner Schlagzeuglegende Günter „Baby“ Sommer und der Saxophonist Johannes Enders, die mit Jazz-Improvisationen zu einer „Konferenz bei Schostakowitsch“ in die Konzertscheune laden. Sämtliche Künstler verzichten auch in diesem Jahr auf ein Honorar. Sie erhalten lediglich ein „Frackgeld“ – so, wie es in der Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden seit über 150 Jahren üblich ist.

Zusätzlich zu den Konzerten stehen zahlreiche Sonderveranstaltungen auf dem Programm, die allesamt bei freiem Eintritt besucht werden können. Darunter befindet sich eine Gesprächsrunde zu „10 Jahren Schostakowitsch in Gohrisch“ ebenso wie eine geführte Wanderung über den Malerweg bei Gohrisch, eine Filmvorführung und eine Voraufführung von Prokofjews „Peter und der Wolf“ für die Gohrischer und ihre Familien – eine Veranstaltung unter dem Titel „Dankeschön, Gohrisch!“. 


Die 10. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch sind eröffnet

Mit einem Sonderkonzert im Kulturpalast Dresden wurden am Mittwoch, 19. Juni, die 10. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch eröffnet. Auf dem Programm standen zwei Hochkaräter der Publikumsgunst: Das Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466 von Wolfgang Amadeus Mozart und die Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103 („Das Jahr 1905“) von Dmitri Schostakowitsch. Der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Sakari Oramo gelangen mustergültige Aufführungen der beiden so ungleichen Werke. In Mozarts populären Klavierkonzert wusste der russische Pianist Kirill Gerstein zu brillieren, der sich beim Publikum mit einer souverän vorgetragenen Chopin-Zugabe für den überaus lebhaften Applaus bedankte. Wahre Begeisterungsstürme löste hernach die mitreißende Wiedergabe von Schostakowitschs Elter aus, einem durchaus nicht unproblematischen Werk, das zwischen sozialistisch-realistischer Pflichterfüllung und tiefer Empathie für die Opfer autokratischer Gewaltherrschaft zu vermitteln sucht.

Über die 10. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch, die am 20. Juni mit einem Kammerabend in der Konzertscheune in Gohrisch eröffnet werden und die im Jubiläumsjahr die bedeutendsten russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts – Schostakowitsch, Prokofjew und Strawinsky – in den Fokus rücken, werden wir noch ausführlich berichten.


Einführungsvorträge zur Leningrader Sinfonie

Bernd Feuchtner wurde vom Gürzenich-Orchester eingeladen, die Einführungsvorträge zu den drei Konzerten zu halten, die das Orchester im April 2019 mit seinem früheren Chefdirigenten James Conlon mit Schostakowitschs Siebter Sinfonie gab. Conlon trat sein Kölner Amt vor dreißig Jahren an, war aber nach dem Ende seiner Zeit als Kölner GMD nicht mehr mit dem Gürzenich-Orchester aufgetreten. Die Aufführungen der Sinfonie erinnern auch an das Ende der Blockade von Leningrad vor 75 Jahren.

Das Programmheft mit einer Einführung von Bernd Feuchtner finden Sie hier  


Alle Preisträger am Schluss des Konzerts im Theater an der Parkaue. Foto: Bernd Feuchtner


Schostakowitsch-Musikpreise 2019 vergeben

Bernd Feuchtner verabschiedet sich nach dem Konzert von Preisträger Julius Tangerding. Foto: Eric Aerts

Bei einem Konzert im Theater an der Parkaue hat die Schostakowitsch-Musikschule Berlin-Lichtenberg ihre jährlichen Musikpreise vergeben – bereits zum 9. Mal fand damit der Schostakowitsch-Wettbewerb statt. Ziel dieses Wettbewerbes ist, die Schülerinnen und Schüler zu besonderen musikalischen Leistungen zu motivieren, sowie die Begegnung und den Austausch von musikbegeisterten Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Pädagogen und Besuchern zu fördern.

In diesem Jahr wurde der Wettbewerb in den Kategorien Klavier, Gitarre, Gesang – Rock, Pop, Jazz und Blasinstrumente ausgetragen.106 der rund 2300 regulären Schüler im Einzelunterricht hatten sich beim Vorspielen vor den Fachjurys die Noten Gut, Sehr gut und Ausgezeichnet erspielt und wurden mit Urkunden ausgezeichnet. 

Fünf Musikschüler nutzten die Chance, sich durch die Aufführung eines Werks von Dimitri Schostakowitsch einen Sonderpreis der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft zu erspielen: das Bläserensemble von Lisanne und Kaja Armbruster, Malte Kuxenko und Cordula Fischer, sowie der Pianist Julius Tangerding. Sie wurden von Bernd Feuchtner mit einer Urkunde und einem Gutschein ausgezeichnet. Julius Tangerding spielte im Konzert ein Präludium von Schostakowitsch – eine reife und einfühlsame, dabei technisch einwandfreie Darstellung, die viel Beifall fand. In einer kleinen Ansprache erinnerte Bernd Feuchtner die jungen Musiker daran, immer stolz zu sein auf die unbeugsame Haltung des Namenspatrons ihrer Schule, der selbst nie Demokratie erlebte, aber in seiner Musik und seinen Taten immer gegen Unterdrückung, Antisemitismus und Nationalismus gekämpft hat. 


Gohrisch 2019: Andris Nelsons (Trompete), Lauma Skride (Klavier) und das Dresdner Dresdner Streichquartett spielen vier Stücke aus Schostakowitschs Filmmusik "Freundinnen". Foto: © Matthias Creutziger


Zehn Jahre Schostakowitsch Tage Gohrisch: Absolut umwerfend

 Die Schostakowitsch Tage Gohrisch sind immer für Überraschungen gut. Dass dort inmitten einer traumhaft schönen Landschaft in schönster Regelmäßigkeit neu entdeckte Werke des russischen Jahrhundertkomponisten aus der Taufe gehoben werden – daran hat man sich beinahe schon gewöhnt. In diesem Jahr waren dies das bezaubernde Jugendwerk „Im Wald“ des gerade mal 13-jährigen angehenden Kompositionsschülers, sowie zwei Romanzen, die wohl für den Film „Belinskij“ aus dem Jahr 1950 gedacht waren, aber keine Gnade vor Stalins Kulturaufsehern fanden. Sie verschwanden in irgendwelchen Moskauer Archiven, wo sie kürzlich von der russischen Musikwissenschaftlerin Olga Digonskaya aufgefunden wurden. Doch damit nicht genug: Zum zehnten Jubiläum des Festivals hatten dessen Leiter Tobias Niederschlag und sein Team noch einige weitere „Schmankerl“ in ein höchst ambitioniertes Programm eingewoben, das mit Dmitri Schostakowitsch, Serge Prokofjew und Igor Strawinsky die „Großen Drei“ der russischen Musik des 20. Jahrhunderts exponierte. So erklang mit der Suite für Varieté-Orchester Schostakowitschs vermutlich bekanntester Gassenhauer – der Walzer Nr. 2 – endlich (!) auch einmal in der Konzertscheune. Außerdem gab es ein Dankeschön-Konzert bei freiem Eintritt für alle Gohrischer*innen, die ihr Festival seit mittlerweile einem Jahrzehnt auf alle erdenkliche Art und Weise unterstützen. Und schließlich kulminierte das auf vier Tage und acht Konzerte ausdehnte Jubiläumsprogramm in Improvisationen über Schostakowitschs 1960 im damaligen Gästehaus des DDR-Staatsrats geschriebenes achtes Streichquartett mit der Freejazz-Legende Günter Baby Sommer am Schlagwerk und seinem Partner Johannes Enders am Saxophon. Absolut umwerfend! Ach ja: Und wo, außer in dem kleinen Luftkurort nahe der tschechischen Grenze, bekommt man schon die Gelegenheit, mit Andris Nelsons einen der bedeutendsten Dirigenten der Gegenwart an der Trompete zu erleben?  Mehr: 


Symposium 2019: „Die Schostakowitsch-Rezeption im 21. Jahrhundert“

Das Thema des 19. Musikwissenschaftlichen Symposiums der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft ist: "Die Schostakowitsch-Rezeption im 21. Jahrhundert". Es wird am 13. und 14. September 2019 in Berlin stattfinden. 

Dmitri Schostakowitsch Mitte der 1960-Jahre

Wir möchten damit zu einer überaus komplexen und spannenden Diskussion einladen:

 Was hat die Musik oder die Persönlichkeit Schostakowitschs (oder seiner Zeitgenossen) der heutigen Generation von Komponisten/innen noch zu sagen?

 Welche Rezeptionslinien der Musik des Komponisten oder der sowjetischen Avantgarde lassen sich in den letzten Jahrzehnten nachzeichnen?

 Gibt es Einflüsse der Musik Schostakowitschs auf die moderne Populärmusik?

 Wie wird die Musik des sowjetischen Künstlers, aber auch die politischen Tragödien seines Lebens, die komplexen und spannungsreichen Beziehungen zu anderen Komponisten/innen u.v.a. Themen in anderen Kunstformen (Literatur, Film, Theater…) widergespiegelt?

• Welche Einflüsse haben Digitalisierung, Internet oder neue soziale Medien (Youtube et al.) auf die Rezeption und das Bild von Schostakowitsch - insbesondere in der jüngsten Generation von Liebhabern/innen dieser Musik?

Lassen Sie uns gemeinsam im kommenden September über diese Themen nachdenken, diskutieren und gemeinsam zu neuen Erkenntnissen kommen!

Termin: 13. September 2019, 10 bis 17:20 Uhr und 14. September 2019, 10 bis 15:15 Uhr.

Tagungsort:  Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft, Ackerstraße 76, Berlin.

Tagungsgebühren: 30 Euro (Mitglieder) / 60 Euro (Nichtmitglieder). Schüler und Studenten zahlen jeweils die Hälfte. Darin enthalten ist der Eintritt zu einem Konzert mit dem bekannten Pianisten und Schostakowitsch-Interpreten Vladimir Stoupel am Freitagabend in der Mendelssohn-Remise (Jägerstraße 51, 10117 Berlin). Im Rahmen des Konzertes liest der bekannte Schauspieler Patrick Güldenberg aus den Briefen Dmitri Schostakowitschs an Iwan Sollertinski. Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft bereitet derzeit die Erstveröffentlichung der deutschen Übersetzung dieser zeit- und musikgeschichtlich außerordentlich wichtigen Dokumente vor. 

•  Weitere Informationen sowie das ausführliche Programm finden Sie hier 


Klavierabend mit Lesung: Uraufführung und Zeitdokumente allerersten Ranges

Mit der Uraufführung eines Klavierwerkes von Dmitri Schostakowitsch und einer Lesung von Briefen des großen russischen Komponisten an seinen Freund Iwan Sollertinski stehen bei einem Konzert am Freitag, 13. September 2019, in der Mendelssohn-Remise in Berlin zwei besondere Leckerbissen auf dem Programm. Neben der noch immer viel zu selten gespielten Klaviersonate Nr. 2 opus 61 aus dem Jahr 1943 wird der bekannte Klaviersolist Vladimir Stoupel erstmals das Präludium und Fuge cis-moll von Dmitri Schostakowitsch öffentlich aufführen. Das Stück aus dem Nachlass des Komponisten wurde erst vor kurzem wiederentdeckt und von Krzysztof Meyer bearbeitet. Ebenfalls auf dem Programm steht die Klaviersonate Nr. 3 opus 20 des deutsch-österreichischen Komponisten Karol Rathaus (1895 – 1954). Die Werke von Karol Rathaus wurden von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ eingestuft und mit einem Aufführungsverbot belegt. Rathaus, der zu den herausragendsten Filmkomponisten seiner Zeit zählte, emigrierte 1933 zunächst nach Paris und ließ sich 1938 in New York nieder.

Schostakowitschs Briefe an den sowjetrussischen Universalgelehrten und Publizisten Iwan Sollertinski sind Zeitdokumente allerersten Ranges. Sie wurden zwischen 1927 und 1944 verfasst und werfen Schlaglichter nicht nur auf Schostakowitschs persönliche und künstlerische Entwicklung, sondern auch auf eine Epoche, die durch zunehmenden ideologischen Druck auch und gerade auf Kunstschaffende, durch stalinistischen Terror und durch die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges geprägt war. Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft bereitet derzeit die deutsche Erstveröffentlichung der von Gottfried Eberle übersetzten Briefe vor, im Rahmen des Konzertes am 13. September stellt der bekannte Schauspieler Patrick Güldenberg eine Auswahl dieser außergewöhnlichen Briefe vor.

Der von der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft veranstaltete Klavierabend mit Lesung findet am Freitag, 13. September 2019 um 19:30 Uhr in der Mendelssohn-Remise, in der Jägerstraße 51 in Berlin statt. Der Eintritt beträgt 15 Euro (nur Abendkasse), für Teilnehmer des 19. Musikwissenschaftlichen Symposiums unserer Gesellschaft ist der Eintritt frei.     


Antiformalistischer Rajok in Dresden

Was ist die Aufgabe der Kunst im Sozialismus? Der russische Komponist Dmitri Schostakowitsch hat aus Phrasen zum Auftrag der Kunst im Kommunismus seine satirische Kantate „Antiformalistischer Rajok“ komponiert und damit beißende Kritik an der Kleingeistigkeit der damals in der Sowjetunion herrschenden restriktiven Kunstdoktrin geübt. Aus Angst vor Repression hielt er das Stück jahrzehntelang versteckt. Erst am 12. Januar 1989, fast eineinhalb Jahrzehnte nach dem Tod des Komponisten, wurde das Werk in Washington unter der Leitung von Mstislaw Rostropowitsch erstmal der Öffentlichkeit vorgestellt. Am 13. Oktober 2019 führen nun Sänger und Sängerinnen der Semperoper und des Sinfoniechors Dresden das Stück im ehemaligen Festsaal der Stasi als inszeniertes Konzert mit Texten aus dem Umfeld des Komponisten auf.

Die Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe „30 Jahre Friedliche Revolution“ – einer Veranstaltungsreihe der Sächsischen Staatstheater, die vom 3. bis zum 13. Oktober 2019 stattfindet. Das szenische Konzert wird von der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden in Kooperation mit der Semperoper Dresden und dem Staatsschauspiel Dresden veranstaltet.

Karten sind erhältlich in der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden. 

Bestellungen werden per E-Mail unter info@bautzner-strasse-dresden.de entgegengenommen.


Schostakowitsch und Tschaikowsky: Musik gewordenes Gedenken

Judith Ingolfsson, Alan Stepansky und Vladimir Stoupel /von links). Foto: Promo-Stoupel

Judith Ingolfsson (Violine), Alan Stepansky (Cello) und Vladimir Stoupel (Klavier) interpretieren am Dienstag, 29. Oktober 2019, um 19.30 Uhr in der Mendelssohn-Remise, Jägerstraße 51,  Berlin zwei bedeutende Werke der Trio-Literatur: Dmitri Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 2 op. 67 und das Klaviertrio op. 50 von Peter Tschaikowsky. Diese herausragenden Kompositionen sind dem Andenken zweier Menschen gewidmet, die den beiden Komponisten besonders nahestanden – Iwan Sollertinski und Nikolai Rubinstein. Zugleich begegnen den Zuhörern in den Stücken von Schostakowitsch und Tschaikowsky hintergründige musikalische Portraits der jeweiligen Epoche. 

Mit diesem Programm ist das Trio mittlerweile mehrmals in den USA aufgetreten, unter anderem zur Spielzeiteröffnung der Sylvia Adalman Chamber Series am Peabody Institute, das Tschaikowsky während seiner USA-Reise besuchte. Das Konzert findet im Rahmen der etablierten Reihe „Duo-Plus“ statt, die das Duo Ingolfsson-Stoupel seit mittlerweile drei Jahren in der Mendelssohn-Remise präsentiert. Tickets unter: 


Torso eines Lebens – zum 100 Geburtstag von Gideon Klein 

Gideon Klein. Foto: Opferdatenbank Holocaust/cz

Der Geburtstag des Komponisten und Pianisten Gideon Klein jährt sich im Dezember 2019 zum 100. Mal. Gideon Klein wurde am 6. Dezember 1919 geboren, studierte in Prag und wurde im Dezember 1941 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort gehörte er als Pianist und Komponist zu den zentralen Persönlichkeiten der „Freizeitgestaltung“. Im Oktober 1944 wurde er wie die anderen Musiker nach Auschwitz verbracht, überstand jedoch die Selektion und kam ins Konzentrationslager Fürstengrube. Er starb im Januar 1945 unter ungeklärten Umständen. Das Staatliche Institut für Musikforschung lädt gemeinsam mit dem Verein musica reanimata e.V., der sich um die Wiederentdeckung NS-verfolgter Komponisten und ihrer Werke bemüht, am 13. und 14. Dezember 2019 zu einem Symposium und zwei Konzerten ein, um das schmale, aber gehaltvolle kompositorische Oeuvre Kleins, das zur Hälfte vor der Deportation in Prag, zur Hälfte in Theresienstadt entstand, wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Beim Symposium am Freitag, 13. Dezember 2019 von 14 bis 18 Uhr und Samstag, 14. Dezember, von 10 bis 18 Uhr stehen Referate und Panels mit David Fligg, Wolfgang Rathert, Paul Schendzielorz, Lubomir Spurny, Jascha Nemtsov, Michael Beckerman, Beatrix Borchard, Wolfgang Rüdiger, Gottfried Eberle, Albrecht Dümling und Winfried Radeke auf dem Programm. Unter der Überschrift „Gideon Klein. Porträt eines Komponisten“ wurden von David Fligger Originaltexte und Musik für drei Sprecher und Streichquartett zusammengestellt. Die Musik stammt von Klein, Mozart, Janáček und Hindemith. Es spielt das Martinů Quartett. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Am Samstag, 14. Dezember 2019, um 20 Uhr erklingt ein Konzert mit Kammermusik, Vokalwerken und der Klaviersonate von Gideon Klein. Es musizieren unter anderem Jascha Nemtsov, Klavier, und das Martinů Quartett.

  Die Veranstaltungen finden im Curt-Sachs-Saal, Tiergartenstraße 1 in Berlin statt und werden unterstützt von der Ernst von Siemens Musikstiftung und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Der Eintritt zum Symposium ist frei, der Eintritt zu den Konzerten kostet jeweils 14 Euro, ermäßigt 8 Euro. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie hier:  


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